Probleme bei der Handaufzucht von Papageien: Kropfverbrennungen

Exotengesundheitsteam, Waldbreitbach 

Allgemein

 Handaufzuchten werden in der Papageienzucht aus vielerlei Gründen durchgeführt. Die Eier müssen unter Umständen entnommen werden, weil die Eltern diese stark beschädigen, nicht bebrüten, die Küken nicht füttern oder anfangen sie bereits im Nistkasten zu rupfen. Eine gängige Zuchtpraxis, vor allem bei sehr seltenen und gefährdeten Arten ist auch, das Erstgelege in einen Inkubator zu überführen, um von den Paaren ein Nachgelege und damit mehr Jungtiere zu erhalten.

Dank der vielen verschiedenen kommerziell erhältlichen Aufzuchtfuttersorten (Versele-Laga, Kaytee, Harrison u.ä.) und Fachliteratur, ist dies nicht mehr so problematisch, wie vor einigen Jahren. Dennoch kommt es gelegentlich zu Problemen, die bei rechtzeitigem Handeln nicht zum Verlust des Jungtieres führen müssen.

Die jungen Papageien und Sittiche werden in der Regel mit einem fertigen Futterbrei aufgezogen, den man mit temperiertem Wasser in einer dem Alter angepassten Konsistenz anrührt. Dieser Brei sollte im Optimalfall mit einer Temperatur von 38-40°C verabreicht werden, was in etwa auch der Temperatur der durch die Eltern verabreichten Nahrung entspricht. Wird das Futter zu kalt verabreicht, kann dies zu schlechter Akzeptanz, Verdauungsproblemen und damit auch zu Schwäche und erhöhter Infektionsgefahr des Tieres führen.

Ein anderes Problem stellt die Fütterung mit zu hoch temperiertem Aufzuchtsfutter (> 42 °C) dar. Hier kann es zu schwerwiegenden Verbrennungen der Speiseröhre und des Kropfes kommen. In solchen Fällen muss sofort reagiert werden, um den Jungvogel zu retten. Im Bild sieht man einen physiologischen (d.h. normalen) Kropf eines Jungvogels nach der Fütterung.

Physiologischer (d.h. normaler) Kropf eines Jungvogels nach der Fütterung.

  • Physiologischer (d.h. normaler) Kropf eines Jungvogels nach der Fütterung.

Problematik 

Ist das Futter zu heiß, wird das Küken dies in den meisten Fällen trotzdem abschlucken, eine Sensibilität für zu hohe Temperaturen ist meist noch nicht vorhanden. Wenn man die Fütterungspraxis genau betrachtet kann man beobachten, dass der Bettelreflex der Jungtiere bereits beim Ansetzten der Spritze bzw. der zur Fixation des Kopfes verwendeten Finger einsetzt.

Dieses typische Verhalten kann ebenfalls dazu führen, dass zu hoch temperiert angebotenes Handaufzuchtsfutter abgeschluckt wird. Dies führt je nach Temperatur zu einer Reizung bis hin zur Zerstörung des Kropfgewebes. Selbst mittelgradige Verbrennungen können zur Narbenbildung der empfindlichen Kropfschleimhaut und damit zu erheblichen Passagestörungen führen. Einen solchen veränderten Kropfbereich sieht man im Bild. Im Vergleich zum gesunden Kropf auf dem Bild darüber fällt der Unterschied schnell auf.

In schwerwiegenden Fällen kommt es zur Zerstörung der sich um den Kropf befindlichen Gewebsschichten. Ist die äußere Hautschicht von diesem Gewebsuntergang betroffen, kann dies zu einer Kropffistel führen. Darunter versteht man eine Öffnung des Kropfes zur Außenwelt. Damit ist eine normale Futterverdauung ausgeschlossen und eine Rettung des Papageienkükens ist nur mittels chirurgischer Maßnahmen möglich.

Veränderter Kropfbereich eines Papageienkükens aufgrund einer Verbrennung durch zu heißes Futter.

  • Veränderter Kropfbereich eines Papageienkükens aufgrund einer Verbrennung durch zu heißes Futter.

Vorkehrungen 

Bei der Zubereitung des Aufzuchtfutters ist es gerade für den Ungeübten ratsam, die Temperatur vor dem Verfüttern mittels Stabthermometer zu überprüfen. Dadurch wird eine ungünstige Temperatur schnell erkannt und kann verändert werden. In manchen Zuchten werden Mikrowellen zur Erwärmung des Babybreies verwendet, um zu kalt angerührtes Futter zu erwärmen oder aber im Kühlschrank aufbewahrte Reste der vorherigen Fütterung weiter zu verwerten. Hierbei ist zu beachten, dass es bei der Verwendung von Mikrowellen zur Bildung so genannter Hotspots ( punktuell stark erhitzte Areale) kommen kann, die nur durch eine anschließende gute Vermischung des Futterbreies aufzulösen sind. Eine Verwendung von „Futterresten“ ist kritisch zu betrachten, da selbst bei niedrigen Kühlschranktemperaturen eine Vermehrung pathogener (krankmachender) Mikroorganismen nicht auszuschließen ist. Hat man viele Küken zu füttern, hat sich das Warmhalten des frisch angerührten Futters in Babyflaschenwärmern bewährt. Hier können die breigefüllten Spritzen bei gewünschter Temperatur bis zum Ende des Fütterungsintervalls im Wasserbad gelagert werden.

In der Handaufzucht wird aus den oben erwähnten Gründen das Handaufzuchtsfutter in der Regel für jedes Fütterungsintervall frisch zubereitet und das Futtergemisch stets optimal temperiert verfüttert.

Viele Hersteller von Handaufzuchtsfuttermitteln mischen im Herstellungsprozess probiotisch wirksame Bakterien (z.B. Laktobazillen) zu. Diese unterstützen die Verdauung und sind nützliche Helfer beim Aufbau einer gesunden, physiologischen Darmflora. Wird der angerührte Brei zu stark erhitzt oder aber mit kochendem Wasser hergestellt, führt das zum Absterben dieses wichtigen Zusatzes. Deshalb sollte man den Brei nicht mit zu hoch temperiertem Wasser zubereiten.

Fallbeispiel 

In der Handaufzucht von 4 Smaragdsittichen (Enicognathus ferrugineus) fielen dem Züchter zwei Jungtiere auf, die im Gegensatz zu ihren Geschwistern lebensschwach waren. Sie entleerten den Kropf wesentlich langsamer und zeigten einen verminderten Bettelreflex. Die beiden Anderen sich in der Handaufzucht befindlichen Nestgeschwister präsentierten keine Abweichung vom Normalverhalten.

Während des Anamnesegespräches gab der Halter an, dass er wegen Zeitmangels die Temperatur der Handaufzuchtsfuttermischung nicht kontrolliert hat. Auf genaueres Nachfragen zum Verhalten der Papageienbabys während der Fütterung erwähnte der Züchter, dass bei einem Jungtier einmalig Abwehrbewegungen und ein lautes Piepsen zu beobachten war.

Nach dieser Feststellung sei dieser junge Smaragdsittich langsam immer schwächer geworden. Zur Konsultation kam es nach dem Tod des ersten schwachen Nestlings. Bei der anschließenden Untersuchung der verbleibenden drei Nestgeschwister konnten auf ca. 2/3 des Kropfbereiches des zweiten lebensschwachen Kükens narbige, schwartige Verdickungen festgestellt werden (farblich rot markierter Bereich im Bild).

Rot markiert der durch Verbrennung veränderte Kropfbereich.

  • Rot markiert der durch Verbrennung veränderte Kropfbereich.

Die äußere Haut war mit der Kropfwand narbig verwachsen, was jegliche Dehnung des Kropfes in diesem Bereich verhinderte. Diese Veränderungen sind auf eine mittelgradige Verbrennung des Kropfes mit Beteiligung der den Kropf umgebenden Gewebsschichten zurückzuführen. Die Aufnahmekapazität und die notwendige Eigenbewegung (Peristaltik) des Kropfes war so enorm eingeschränkt, die Aufnahme und Passage ausreichender Futtermengen unmöglich. In der darauf folgenden Operation konnten großflächige narbige Verwachsungen der Kropfwand mit der äußeren Haut festgestellt und beseitigt werden.

Mit langsam gesteigerten Futtermengen, die durch Zugabe von 20% Glucoselösung in ihrem Energiegehalt erhöht wurden, konnte der Kropf nach dem Heilungsprozess wieder auf ein normales Maß gedehnt werden, was folglich wieder zu altersspezifischen Gewichtszunahmen führte.

Die Sektion des verstorbenen Jungtieres zeigte nach Freilegung des Kropfes deutliche Zeichen einer Verbrennung, die mit all ihren Folgen zum Verlust des jungen Smaragdsittichs geführt hat (siehe unterstes Bild).

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine Temperaturkontrolle des Futterbreies ist. Ohne operativen Eingriff wäre es in diesem Fall zu weiterem Kümmern und schließlich zum Tode eines weiteren Jungtieres gekommen.

Ebenso wichtig ist das schnelle Handeln nach Feststellung von Aufzuchtsproblemen. Da die Küken im Wachstum besonders hohe Energiemengen benötigen, kommt es bei jeglicher Störung sehr schnell zu lebensbedrohlichen Situationen.

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