Probleme bei der Handaufzucht: Nabelinfektion (Omphalitis)

EXOTENGESUNDHEITSTEAM, Waldbreitbach

Allgemeines

Als Omphalitis bezeichnet man die Entzündung des Bauchnabels. Der Nabel entsteht durch das Einziehen des Dottersackes in die Körperhöhle, kurz vor dem Schlupf des Kükens. Dieser natürliche Zugang zur Körperhöhle des Embryos ist in vielen Fällen zum Zeitpunkt des Schlupfes noch nicht vollständig geschlossen. Im Bild ersten sieht man einen perfekt verschlossener Nabel eines 2 Tage alten  hellroten Aras (Ara macao). Zum Vergleich im 2. Bild der Nabel eines gleichalten Artgenossen. Hier ist die Nabelpforte noch nicht vollständig verschlossen.

Ein offener Nabel bietet einen perfekten Lebensraum für pathogene (krankmachende) Mikroorganismen. Diese können sich ansiedeln und vermehren was zu einer Nabelinfektion führt. Dringen sie in den Vogelorganismus ein, kommt es als Folge zur Entzündung innerer Organe und als weitere Komplikation kann eine Sepsis entstehen. Darunter versteht man die Streuung / Verteilung der Erreger über die Blutbahn in den ganzen Körper. Diese Komplikationen bedrohen massiv das Leben der Papageienküken.

Da die Vogelnestlinge noch nicht über ein vollständig ausgereiftes Immunsystem verfügen, sind gerade bei ihnen krankheitsvorbeugende Maßnahmen von enormer Bedeutung. In der Veterinärmedizin ist es wichtig, krankhaften Veränderungen prophylaktisch entgegenzuwirken, und bei sichtbaren Symptomen rechtzeitig zu handeln. Häufig wird eine beginnende Entzündung des Nabels und seiner Umgebung erst spät erkannt.

Wundheilungsstörungen der Nabelnarbe mit Krustenbildung, Farbveränderung des Nabels und seiner Umgebung ins Rote oder Braune und Austritt von Flüssigkeit/ Wundsekret sind Beobachtungen die in manchen Fällen lokal zu sehen sind. Weitere Symptome die auf eine Omphalitis hindeuten können sind: Verminderte tägliche Zunahmen; ein gespanntes, verkrampftes Abdomen; Verdauungsstörungen, die sich Anfangs durch eine verlangsamte Kropfentleerung präsentieren.

Dabei kann man beobachten, dass Nestlinge gleichen Alters, die zeitgleich gefüttert wurden, den Kropf unterschiedlich schnell entleeren. Eine der ersten prophylaktischen/vorbeugenden Maßnahmen, die in der Kunstbrut und Handaufzucht nach dem Schlupf durchgeführt werden sollte, ist die Nabeldesinfektion.

In den meisten Fällen wird es nach einem problemlosen, selbstständigen Schlupf mit anschließender hygienischer Unterbringung nicht zu Problemen im Nabelbereich kommen. Es hat sich jedoch in der Kunstbrut bewährt, die Nabeldesinfektion regelmäßig und bei allen Schlüpflingen durchzuführen. Kommt es trotz allem zur Nabelinfektion muss der Tierarzt schnell eingreifen, um das Leben des jungen Papageien zu retten. Die Behandlung ist von der Ausdehnung des Entzündungsprozesses abhängig. Ist sie örtlich begrenzt und nur die Nabelnarbe betroffen, wird der Nabelbereich gereinigt, lokal mit desinfizierenden Salben (z.B. Jodsalbe) versorgt und das erkrankte Tier mit einer systemischen Antibiotikagabe abgedeckt. Das verhindert je nach Antibiotikum die weitere Vermehrung oder die Abtötung der Erreger.

Ist der Entzündungsprozess weiter fortgeschritten und innere Organe wie Leber, Darm oder der bei frischen Schlüpflingen noch im Bauch vorhandene Dottersack beteiligt, kann eine chirurgische Intervention notwendig werden. Hierbei wird nach Eröffnung des Abdomen der entzündlich veränderte Dottersack entfernt und der Wundbereich anschließend wieder vernäht. Zu den postoperativen Maßnahmen zählen nun ebenfalls eine Antibiotika- und Flüssigkeitstherapie sowie lokale Desinfektionsmaßnahmen.

Bei Naturbruten kommt es weitaus seltener zu Nabelinfektionen. Gründe hierfür sind die optimale Erbrütung und Pflege durch die Elterntiere. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, sodass eine regelmäßige Kontrolle der Küken auch aus diesem Grunde sinnvoll ist.

Tipp 1:

Wird das frisch geschlüpfte Papageienküken dem Inkubator entnommen, sollte auch die erste Nabeldesinfektion durchgeführt werden. Dies geschieht am einfachsten mit Hilfe eines Wattestäbchens, (besser sterile Tupfer verwenden) dass an der Spitze mit einer desinfizierenden Salbe (z.B. Jodsalbe) versehen wurde und auf den Nabelbereich aufgetupft wird. Diese Behandlung sollte in den ersten 3 bis 5 Lebenstagen im Rahmen der Fütterung mindestens einmal täglich durchgeführt werden.

Tipp 2:

Die meisten in der Handaufzucht befindlichen Papageien werden in schüsselartigen Gefäßen, ausgepolstert mit Küchenrolle, Stofftüchern, Maishächsel o.ä. untergebracht. Zu einer guten Hygienepraxis gehört die Auswechslung dieser Substrate nach jeder erfolgten Fütterung oder zwischendurch nach Bedarf.

Problematik

Bei frisch geschlüpften Jungtieren, aber auch noch bei wenige Tage alten Küken kann es zur Entzündung des Nabels kommen. Dies kann   verschiedene Ursachen haben, wie z.B. unsachgemäße Schlupfhilfe, Hygienemängel in der Unterbringung der Jungtiere und / oder allgemeine Schwäche des Jungtieres. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Nabelbereich oft noch nicht vollständig verschlossen, sodass die Infektionsgefahr in diesen Fällen besonders hoch ist.

Ist die Inkubation der Eier artspezifisch (d.h. den Bedürfnissen der Art angepasst)? Hierbei gibt es Inkubationstemperatur und Luftfeuchtigkeit betreffend oft wesentliche Unterschiede. Häufig haben die unterschiedlichen Papageienfamilien oder auch verschiedene Arten innerhalb dieser Familien auch unterschiedliche Ansprüche an die Kunstbrut. Ist die gewählte Temperatur beispielsweise zu hoch, kommen die Schlüpflinge schneller zum Schlupf was ein nicht vollständig eingezogenen Dottersack zur Folge haben kann. So passiert im Bild bei einer frisch geschlüpften Blaustirnamazone (Amazona aestiva).

Ein anderes Problem ist mangelnde Hygiene in der Handaufzucht. In diesem Fall ist besonders die Unterbringung der frisch Geschlüpften zu überprüfen. Werden die Substrate, auf denen sich das/die Küken befinden nicht regelmäßig erneuert, steigt auch hier die Infektionsgefahr.

In vielen Zuchten werden die frisch geschlüpften Küken die ersten 7-10 Tage getrennt voneinander untergebracht. Jedes Individuum erhält sein privates kleines Nest. Das hat entscheidende hygienische Vorteile. Die Nestlinge haben keinen direkten Kontakt zu den Ausscheidungen anderer Küken und man kann falls notwendig den abgesetzten Kot direkt dem Jungtier zuordnen, was für eine eventuell notwendige Diagnostik sehr hilfreich ist.

Als Nestunterlagen werden anfangs meist selbstgefertigte Unterlagen aus Zellstoff verwendet, die nach jeder Fütterung und natürlich bei Bedarf schnell und günstig ausgewechselt werden können. Die Papageienküken werden bei der mehrmals täglichen Fütterung stets in Augenschein genommen. Dabei wird auch dem Nabelbereich besondere Aufmerksamkeit gewidmet und in den ersten Tagen mit einem mit Jodsalbe versehenen sterilen Tupfer prophylaktisch desinfiziert.

Wird eine Infektion des Nabels festgestellt -meist durch Bakterien oder Pilze hervorgerufen- muss rasch eingegriffen werden. Dies geschieht durch systemische Behandlung des Tieres mit einem Antibiotikum und/oder Antimykotikum, je nach verursachendem Keim.

Parallel zur sofort beginnenden Behandlung sollte immer auch ein Resistenztest des vorliegenden Erregers durchgeführt werden. Verschiedene Bakterien besitzen die Möglichkeit Resistenzen zu entwickeln. Das sind Mechanismen die die Wirkung von antibiotischen Medikamenten aufheben oder einschränken können.

Hat ein Mikroorganismus eine Resistenz gegenüber einem oder mehreren Antibiotika entwickelt sind diese nicht oder nur eingeschränkt wirksam. Wartet man zu lange, können sich die pathogenen Erreger im frisch eingezogenen Dotter, aber auch im nabelumgebenden Gewebe massiv vermehren.

Fallbeipiel

Bei einem jungen Gebirgslori (Trichoglossus haematodus) wurde Schlupfhilfe geleistet, da er es selbst nicht schaffte aus dem Ei zu kommen. Dabei zeigte sich, dass die Gefäße zwar fast blutleer waren, der Nabel jedoch noch recht weit offen war. Bei der Entnahme aus dem Ei kam es zu leichten Blutungen, eine Nabeldesinfektion wurde nicht vorgenommen. Der Züchter setzte das Jungtier anschließend zu anderen sich in der Handaufzucht befindlichen Papageienschlüpflingen.

Hierbei kam es zum Kontakt des noch offenen Nabelbereiches mit dem Kot der anderen Jungvögel. Am nächsten Tag war kein Schluss der offenen Nabelstelle festzustellen, da dieser bereits mit angetrocknetem Kot verklebt war. Am dritten Tag war mittlerweile eine deutliche Rötung des umliegenden Gewebeareals zu erkennen. Daraufhin wurde der Nabel des Kükens mit warmer Kochsalzlösung gründlich gereinigt und anschließend desinfiziert sowie eine antibiotische Behandlung gestartet.

Die zur Unterlage im Aufzuchtbehälter verwendete Küchenrolle wurde von nun an öfters, d.h. nach jeder Fütterung ausgewechselt. Die orale Antibiose wurde für weitere 7 Tage fortgesetzt und der Nabel für weitere 5 Tage morgens und abends mit einer Jodsalbe bestrichen (siehe Bild). Bereits nach kurzer Zeit kam es zum Nabelschluss und die Rötung ging zurück.

Auch hier zeigte sich wieder, dass ein schnelles Reagieren größere Probleme verhindern kann. Eine direkt prophylaktisch durchgeführte Desinfektion sowie konsequentes Hygienemanagement hätten es wahrscheinlich nicht zu dieser milden Nabelinfektion kommen lassen.

Zusammenfassend

Selbstständig geschlüpfte, vollentwickelte Küken, die hygienisch und unter optimalen Bedingungen untergebracht werden, erkranken in wenigen Fällen an einer Nabelinfektion. Meist sind es die Küken, die bereits Probleme beim Schlupf hatten, geschwächt sind oder nicht optimal und hygienisch untergebracht werden. Um aber kein Risiko einzugehen, sollte man die Nabeldesinfektion generell bei allen in der Kunstbrut befindlichen Schlüpflingen durchführen. Diese zudem sehr günstige prophylaktische Maßnahme nimmt nicht viel Zeit in Anspruch und hilft, eine aufwendige Behandlung im Krankheitsfalle weitgehend zu vermeiden.

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