Bei diesem Jungvogel von Rotkappensittich (Purpureicephalus spurius) kam es zur Entwicklung eines Spreizbeines. Zur Haltung des Gleichgewichts wird zusätzlich der Flügel benutzt.
Frontalansicht des Kükens. Eine normale Sitzposition ist nicht mehr möglich.
Junger Rosakakadu (Eolophus roseicapillus) mit Bandagierung der Beine in physiologischer Haltung.
Tipp:
Bei Paaren die stets die gesamte Nestunterlage (Hobelspäne, Kleintiereinstreu etc.) entfernen sollte auf eine ausreichend tiefe Nistmulde im angebotenen Nistkasten geachtet werden.
Problem Kalziummangel/Vitamin D3-Mangel
Bei Jungtieren mit Kalzium- und/oder Vitamin-D3 Mangel kann man Fehlstellungen häufiger feststellen, als beim optimal versorgten Jungvogel. Hierzu sei nun kurz erklärt, dass neben einer ausreichenden Kalziumsubstitution auch die Versorgung mit Vitamin D, insbesondere Vitamin D3, eine große Rolle spielt. Dieses ist für die Resorption (Aufnahme) und den Einbau des Kalziums in die Knochensubstanz (Mineralisation) zuständig. Die beiden wichtigsten D-Vitamine sind das pflanzliche Vitamin D2 (Ergocalciferol) und das tierische Vitamin D3 (Cholecalciferol) die aus ihren Provitaminen unter Einwirkung von UV-Strahlung im Organismus synthetisiert (d.h. gebildet) werden.
Fehlt UV-Licht, muss es über das Futter zugeführt werden (Kommerzielle pelletierte Futtermittel, Handaufzuchtsfutter und Mineralstoff-Vitaminpräparate (z.B. Korvimin) enthalten in der Regel ausreichende Mengen D3 und Kalzium). Wenn nun Kalzium als Baustein des Knochens und/oder Vitamin D3 als „Verarbeiter“ des Kalziums in nicht ausreichenden Mengen vorhanden ist oder gar fehlt, kommt es zu Problemen in der Knochenbildung. Im Zuge der Gewichtszunahme und mangelnder Verkalkung können die Knochen dem Gewicht nicht mehr standhalten und es kommt zur Verformung. Ebenso halten die Knochen der zunehmenden Stärke der Muskelkraft nicht Stand. In diesem Falle spricht man von einer Rachitis.
Dieses Krankheitsbild entsteht durch eine gestörte Mineralisation der Knochengrundsubstanz der sogenannten Matrix des wachsenden Skeletts durch ein unzureichendes Kalzium- bzw. Phosphatangebot. Es handelt sich hier um eine andere Ursache von Fehlstellungen wie die der Spreizbeine, sie ist jedoch aus oben genannten Gründen oft parallel zu beobachten.
Das schrittweise Anlegen einer Bandage aus selbsthaftenden Binden:
A) Bandage zurechtschneiden,
B) Bandage unter Unterschenkel führen,
C) Umklappen und zusammendrücken (selbsthaftend),
D und E) Positionskontrolle der Bandage auf Symmetrie und normale Beinstellung.
Zum anderen ist eine ausreichende Versorgung der Küken mit allen notwendigen Mineralien und Vitaminen äußerst wichtig. Während diese in den handelsüblichen Handaufzuchtsfuttermitteln in ausreichender Menge vorhanden sind, muss bei Naturbruten auf eine ausgewogene Ernährung der Elterntiere geachtet werden. Vitamin D3 muss ausreichend im Futter enthalten sein.
Besser ist es den Tieren die Möglichkeit zu geben Vitamin D aus seinen Provitaminen selbst zu synthetisieren. Die dazu benötigte UV-Strahlung fehlt in Innenanlagen und sollte durch eine UV- Strahlung emittierende Beleuchtung gegeben sein. Sind diese Vorraussetzungen vorhanden, kann man das Auftreten von Fehlstellungen weitgehend verhindern.
Fallbeispiel:
Einer der Autoren übernahm die Handaufzucht von Rosakakadus (Eolophus roseicapillus). Bei Übergabe der wenige Tage alten Jungtiere fiel auf dass eines der Nestlinge die Beine seitlich abspreizte. Er wurde in einem üblichen Metall-Futterschälchen zusammen mit seinen zwei künstlich erbrüteten Nestgeschwi-stern auf einer Zellstoffunterlage untergebracht.
Die anderen Nestlinge entwickelten keine abnorme Beinstellung. Sonst zeigte das Küken in allen Bereichen ein normales Verhalten. Nach allgemeiner Untersuchung war schnell klar, dass es sich um keine Brüche oder Exartikulationen der Beine handelt, sondern um Spreizbeine. Die sofortigen Maßnahmen bestanden aus dem Einbinden der Füße in physiologischer (d.h. normaler) Körperhaltung.
Aufgrund der geringen Größe des Tieres wurde hierzu ein Haushaltsgummi herangezogen (siehe Bild weiter oben). Mit diesem wurden zwei Schlaufen gebildet, in die jeweils ein Fuß untergebracht wurde. Dabei müssen die Schlaufen groß genug sein, um nicht von selbst wieder vom Fuß zu rutschen aber auch nicht zu eng, um die Blutzufuhr zu beeinträchtigen. Der entstandene Knoten wurde mit Hilfe eines Tropfens Sekundenkleber fixiert, um ein Verrutschen und damit ein eventuelles Abbinden eines Fußes zu verhindern.
Das Küken wurde anschließend nicht mehr im Behälter der Nestgeschwister, sondern in einer separaten engeren Schale untergebracht. Diese sollte so bemessen sein, dass das Küken gerade Platz hat darin zu sitzen. Ein Ausgrätschen der Beine wird auf diese Weise zusätzlich verhindert. Bei den anderen Küken wurde die neue Zellstoffunterlage vor der Auswechslung „zerknautscht“, damit die vielen dadurch entstandenen Falten den Füßen einen besseren Halt bieten und die Bildung von Spreizbeinen weitgehend verhindern.
Nach 3 Tagen wurde das Gummiband des behandelten Kükens entfernt und die Sitzposition beobachtet. Die Beine konnten dauerhaft in normaler Position gehalten werden. Sicherheitshalber wurde es für zwei weitere Tage in einem der Größe des Kükens angepassten Schälchen untergebracht. Dabei war die Unterbringung erneut so bemessen, dass ein seitliches ausgrätschen der Beine nicht möglich war.
Nach weiteren zwei Tagen konnte der junge Rosakakadu schließlich wieder zu seinen Geschwistern gesetzt werden. Die Spreizbeine traten nicht mehr auf. Es sei darauf hingewiesen, dass Fehlstellungen der Extremitäten immer auch durch einen auf Vögel spezialisierten Tierarzt begutachtet werden sollten, da eine Korrektur je nach Ursache (Brüche, rachitische Deformationen etc.) nicht immer durch Ausbinden zu beheben ist.
Tipp:
Das Ausbinden von Spreizbeinen kann auf vielerlei Weise geschehen. So kann man z.B. selbsthaftende Binden, Gummiband oder eine Schnur zwischen beidseits angebrachten Ringen verwenden. Es müssen jedoch 3 Voraussetzungen geschaffen werden:
1) Das Material darf den Fuß nicht einschnüren;
2) Die Füße müssen in Normalposition eingebunden werden;
3) Die Bandage muss der Größe des Jungvogels entsprechen und sollte ggf. aufgrund des Wachstums stets angepasst werden.