Probleme bei der Handaufzucht von Papageien: Kropfentleerungsstörungen

EXOTENGESUNDHEITSTEAM, Waldbreitbach

Allgemeines

Der Kropf dient der Speicherung des aufgenommenen Futters und stellt besonders bei körnerfressenden Vögeln ein wichtiges Organ dar. Bei Greifvögeln und Gänsen ist die Speiseröhre ein dehnbarer Schlauch. Bei den körnerfressenden Papageien ist eine starke Erweiterung ausgebildet, der Kropf (Ingluvies).

Die Speiseröhre (Oesophagus) wird durch ihn zweigeteilt. Die obere Speiseröhre verbindet die Schnabelhöhle mit dem Kropf, die untere Speiseröhre stellt die Verbindung zwischen Kropf und Drüsenmagen her. Durch die Kropfperistaltik (Eigenbewegung der Kropfmuskulatur) wird dessen Inhalt durchmischt und weitergeleitet. Die Flüssigkeit produzierenden Schleimdrüsen weichen das Futter auf wodurch es leichter verdaut und weitergeleitet werden kann. Bereits im Kropf beginnt die Verdauung von Kohlehydraten (Zuckern).

Die in der Kropfschleimhaut befindlichen Drüsen bilden Verdauungsenzyme. Tauben und Pinguine sezernieren Lipide (Fette) um ihre Jungtiere damit zu füttern. Diese verleihen der sogenannten Kropfmilch die weiße Farbe. Ob Papageien eine Art Kropfmilch bilden ist nicht genau bekannt.

 

Es wird vermutet, dass sie eine der Kropfmilch ähnliche Flüssigkeit aus dem Drüsenmagen herauf würgen. Auch eine mögliche Veränderung der Kropfflüssigkeit selbst zum Zeitpunkt der Jungtieraufzucht ist nicht erforscht. Die Verweildauer des Futters im Kropf hängt von der verabreichten Futtermenge, der Futterkonsistenz, dem Wassergehalt des Futters und dem Gesundheitsstatus des Jungtieres ab.

Die Kropffunktion ist ebenfalls abhängig vom Wasserhaushalt des Vogels sowie der Funktion nachgeschalteter Verdauungsorgane. So sind die Kropfperistaltik und die Bewegungen der unteren Speiseröhre, die zum Weitertransport des Futters notwendig sind, vom Füllungszustand des Muskelmagens abhängig. Auch gesundheitliche Probleme können die Funktion des Kropfes beeinflussen.

Ursachen für Kropfentleerungsstörungen

  • Kropfobstipation (= Verstopfung)
  • Kropfverletzung
  • Kropfverbrennung
  • Kropfdillatation (= Überdehnung)
  • Kropfinfektion
  • Luft oder Gasansammlung im Kropf
  • Falsche Umgebungstemperatur
  • Mangelerscheinungen
  • Erkrankungen innerer Organe

Kropfobstipation

Als Ursache für Kropfobstipationen kommen meist abgeschluckte Fremdkörper in Frage. Diese können zum Beispiel von den verwendeten Fütterungsutensilien stammen. Spritzenaufsätze (siehe oberstes Bild) oder Teile von meist elastischen Sonden die von den Tieren

abgebissen werden stellen ein relativ leicht lösbares Problem dar. Euterkanülen aus der Großtiermedizin haben sich als Spritzenaufsatz für die Fütterung kleiner Papageien- und Sitticharten bewährt. Werden sie nicht fest genug auf die Spritze gesetzt, kann es bei heftigem Betteln nach Futter zum Abschlucken des Aufsatzes kommen. So geschehen in diesem Foto bei einem Nymphensittich (Nymphicus hollandicus). Meist kann die Aufnahme während der Handaufzucht beobachtet werden und der sich noch im Kropf befindliche Fremdkörper heraus massiert oder schnell vom Tierarzt entfernt werden. Kropfsteine (Igluviolithen) als Ursache eine Kropfobstipation sind in der veterinärmedizinischen Literatur ebenfalls beschrieben, kommen aber in der Praxis selten als Ursache vor. Die Aufnahme von Nesteinstreu, wie zum Beispiel Hobelspäne, geschieht oft unbeobachtet und wird meist erst nach dem Auftreten von Verdauungsproblemen erkannt. Das Entfernen dieser Fremdkörper gestaltet sich schwieriger, oft sind chirurgische Interventionen notwendig vor allem dann wenn sich die Fremdkörper im unteren Verdauungstrakt befinden. Sind die Fremdkörper scharfkantig oder spitz können sie Verletzungen der Magen-Darmwand verursachen was zu lebensgefährlichen Komplikationen führen kann.  In der Praxis hat sich die Verwendung von leichter verdaulichem Maisgranulat  als Nestunterlage bewährt. Da es mitverdaut werden kann, stellt es bei geringer Aufnahme kein Problem dar.

Kropfverletzungen

Sie können nicht nur durch Fremdkörper verursacht werden auch eine falsche Handhabung von Fütterungsutensilien verursacht Verletzungen. Wird die Wand des oberen Verdauungstraktes (Schnabelhöhle, Speiseröhre und Kropf) verletzt, stellt dies eine mögliche Eintrittspforte für Krankheitserreger in den Vogelorganismus dar. Wird die Wand des Verdauungstraktes mit Spritzen oder starren Kropfsonden penetriert und gelangt der Futterbrei ins umliegende Gewebe, kommt es zu schwerwiegenden Entzündungsprozessen die unbedingt behandelt werden müssen. Perforierende Verletzungen können zur Fistelbildung führen. Unter einer Fistel wird eine Verbindung zwischen zwei normalerweise nicht miteinander verbundenen Hohlorganen (Magen, Darm, Oviduct..) oder zwischen einem Hohlorgan und der Außenwelt verstanden. Unsachgemäße Probenentnahme (Kropftupfer) können ebenfalls zu Verletzungen der Kropfwand führen.

Kropfverbrennungen

Verbrennungen der Kropfschleimhaut treten in der Handaufzucht nach Verabreichung zu stark erhitzter Futtermittel auf. Ist die Futtertemperatur höher als 42°C sind je nach Temperatur leichte bis schwerwiegende Kropfverbrennungen die Folge (siehe Bericht über Kropfverbrennungen bei Papageien).

Kropfdillatation

Die häufigste Ursache einer Kropfdillatation (Überdehnung) in der Handaufzucht von Papageien ist das Überfüttern der Jungtiere. Bei REINSCHMIDT (2000) und den Autoren hat sich für die meisten Papageien- und Sitticharten eine Futtermenge von ca. 10% des Körpergewichtes pro Fütterungsintervall bewährt.

Oft wird nicht nur bei einer einmaligen Fütterung zu viel Futterbrei verabreicht, auch das ständige Auffüttern auf einen nicht vollständig entleerten Kropf ist eine zu beobachtende Ursache. Bei zu hohen Futtermengen kommt es zur Überdehnung der Kropfwand, wobei der Muskeltonus und die Elastizität verloren gehen. Das kann dazu führen, dass die normale Kropfperistaltik nachlässt oder gar vollständig zum Erliegen kommt (Kropfatonie).

Die im Kropf befindliche Nahrung kann nun nicht mehr durchmischt und vor allem nicht mehr weitergeleitet werden. Folglich können die weiteren Verdauungsprozesse nicht mehr adäquat ablaufen womit die notwendigen Nährstoffe und Energiemengen, die das Jungtier zum Wachstum benötigt, fehlen. Der verabreichte Nahrungsbrei verbleibt im Kropf und es kann zu mikrobieller Vermehrung und folglich zur Infektion kommen. Je nach Erreger spricht man hier von einem „sauren Kropf“.

Im Bild ein junger Rosakakadu (Eolophus roseicapilla) mit übermäßig gefüllten und dillatiertem Kropf. Der Vogel wurde exzessiv von seinen Eltern gefüttert, wobei der Kropf derart gefüllt wurde, dass das Jungtier die Fähigkeit verlor den Kropf selbstständig zu entleeren. Es kam zur Stagnation des Wachstums, trotz vollen Kropfes.

Nach Entfernung der Futtermassen und entsprechender veterinämedizinischer Intervention konnte der junge Kakadu langsam wieder an eine normale Futtermenge gewöhnt und anschließend normal aufgezogen werden. Je nach Schweregrad kann in solchen Fällen mit Kropfverbänden oder auch chirurgischen Maßnahmen geholfen werden.

Mit Hilfe eines Kropfverbandes (vergleiche Bilderserie am Ende des Artikels) wird der Kropf etwas angehoben, damit das Futter anschließend einfacher in den Verdauungstrakt gelangt. Die Erfahrung zeigt, dass dadurch auch die Eigenbewegung des Kropfes gefördert wird.

(Kropf-)infektionen

Papageiennestlinge die an einer Entzündung des Kropfes erkrankt sind können durch unterschiedliche Symptome wie Apathie, Gewichtsabnahme, verlangsamte Kropfentleerung, Appetitlosigkeit bzw. schwacher bis fehlender Bettelreflex, verdickte Kropfwand, und hochwürgen von Futter, häufig mit Schleimbeimengungen, auffällig werden. Aber auch bei Allgemeininfektionen kann es zur verlangsamten Entleerung des Kropfes kommen. Bei langer Dauer und fehlender Behandlung stellen sie nicht nur für Jungtiere sondern auch für adulte Papageien einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Die Vögel müssen schnellstmöglich einem Tierarzt vorgestellt werden. Ein Kropfabstrich (siehe Bild ) kann helfen, die verantwortlichen Krankheitserreger nachzuweisen. Hierbei werden die vorliegenden Keime auf speziellen Nährböden vermehrt, identifiziert und bei Bedarf nach Erstellung eines Resistenztestes gezielt behandelt.

Infektionen des Kropfes werden meist durch Bakterien, Pilze und/oder Parasiten hervorgerufen. Seltener sind virale Infektionen (Pocken-/Herpesvirus) ursächlich verantwortlich. Bei bakteriellen Infektionen werden häufig Enterobakteriacaen, gram-negative Bakterien wie Echerischia coli ssp., Pseudomonas ssp., Citrobacter ssp. und Klebsiella spp. gefunden. Eine sich anschließende antibiotische Behandlung sollte durch ein Antibiogramm fundiert werden, denn nur ein wirksames Antibiotikum kann helfen.

Ein Kropfabstrich kann helfen, die verantwortlichen Krankheitserreger nachzuweisen

  • Ein Kropfabstrich kann helfen, die verantwortlichen Krankheitserreger nachzuweisen

Sind Pilzinfektionen für die Entzündung verantwortlich werden Antimykotika (Antipilzmittel) eingesetzt. Hefepilze wie Candida ssp. verursachen schwere Kropfentzündungen (Ingluvietiden) bei denen man teilweise weiße, diphtheroide Beläge feststellen kann. Ein brotähnlicher Geruch aus dem Schnabel sowie Aufgasungen im Kropf betroffener Tiere kann ein erster Hinweis sein. Erscheint der Kropf aufgegast, kann dies auch durch Abschlucken von Luft (z.B. bei der Fütterung) verursacht werden. Hierbei ist das Allgemeinbefinden des Jungvogels bei geringen Luftvolumen jedoch nicht beeinträchtigt und die Luft kann durch vorsichtiges heraus massieren entfernt werden.

Infektionen mit Parasiten sind in der Handaufzucht von Papageien eher selten, sollen aber der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Trichomonaden sind einzellige Parasiten die zu massiven Kropfentzündungen führen können. Sie sind besonders bei Wellensittichen und Loris aber auch bei anderen Psittaziden wie Nymphensittich, Agaporniden, Amazonen und Anderen beschrieben. Haarwürmer (Capillaria ssp.) können ebenfalls Kropfentzündungen verursachen. Zur Behandlung werden Antiparasitika eingesetzt die je nach Parasit unterschiedlich zu wählen sind. Eine hygienische Unterbringung ist auch hier unbedingt einzuhalten.

Zusätzlich zur Behandlung mit den entsprechenden Medikamenten kann eine Kropfspülung, eventuell sogar mehrmals täglich notwendig sein. Dabei wird der Kropf mittels einer Sonde entleert und je nach Fall mit unterschiedlichen Lösungen gespült.

Hierbei kommt es zur Verdünnung und Auswaschung der vorliegenden Krankheitskeime. Mit Hilfe milder, schleimhautverträglicher Desinfektionsmittel kann die Spüllösung zusätzlich lokal wirken.

Hier sieht man das Bakterienwachstum auf einer Blutagarplatte mit Ausstrichen von Tupferproben. Die verschiedenen Keime können u.a. anhand ihres Aussehens und der biochemischen Eigenschaften differenziert werden.

  • Hier sieht man das Bakterienwachstum auf einer Blutagarplatte mit Ausstrichen von Tupferproben. Die verschiedenen Keime können u.a. anhand ihres Aussehens und der biochemischen Eigenschaften differenziert werden.

Falsche Umgebungstemperatur

Jungvögel müssen ihrem Alter und Befiederungszustand entsprechend bei unterschiedlichen Temperaturen untergebracht werden. Sind die gewählten Temperaturen zu warm oder zu kalt gewählt, kann man ebenfalls eine schlechte Verdauung und damit einhergehend eine verlangsamte Kropfentleerung beobachten. Auf diese Problematik wird in einem folgenden Artikel genauer eingegangen.

Mangelerscheinungen

Durch die Fütterung kommerzieller ausgewogener Futtermittel für die Handaufzucht sind ernährungsbedingte Ursachen wie z.B. Schleimhautprobleme durch Hypovitaminose A (d.h. Vitamin-A Mangel) kaum noch zu finden.

Erkrankungen innerer Organe

In der Handaufzucht von Papageien ist zu beobachten, dass Jungtiere mit Erkrankungen innerer Organe häufig Verdauungsstörungen und Probleme im Wasserhaushalt zeigen. So führen Erkrankungen der Nieren zu Verschiebungen im Wasserhaushalt und beeinflussen damit die normalen Verdauungsprozesse. Eines der ersten zu beobachtenden Symptome von inneren Erkrankungen kann die Kropfentleerungsstörung sein.

Fazit

Kropfentleerungsstörungen können viele verschiedene Ursachen wie z.B. Infektionen oder mechanische Beeinträchtigungen haben. Da viele davon zu lebensbedrohlichen Zuständen führen können, sollte schnellstmöglich die Ursache ermittelt und entsprechend gehandelt werden.

Anlegen eines Kropfverbandes

Mit Hilfe selbsthaftender Binden kann der Kropfverband relativ einfach angelegt werden. Bei richtiger Anbringung stellt es für den Jungvogel keinerlei Behinderung dar und wird schnell akzeptiert. Im folgenden eine Bildreihe hierzu am Beispiel eines jungen Aras:

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